Glücklich seid ihr, da eure Mauern schon wachsen!

Cork ist nicht immer leicht zu bändigen. Das werden diverse irische Regierungen ohne weiteres bestätigen. Diese lange Tradition, die sich heutzutage oft auf die Weigerung, Wassergebühren oder Grundsteuern zu zahlen beschränkt, hatte in früheren Jahrzehnten und Jahrhunderten oft drastischere Auswirkungen. So lehnte das County Cork den Anglo-Irischen Vertrag von 1921, der die Gründung des irischen Freistaats ermöglichte, rundweg ab, da die Abspaltung nicht gründlich genug war. Einer der Väter der irischen Unabhängigkeit, Michael Collins, wurde im Rahmen dieses Konflikts in Cork erschossen, was um so bitterer war, als das dies seine Heimat war.
Im 16. Jahrhundert beschränkte man sich im Südwesten Irlands aber nicht bloß auf inner-irische Konflikte, sondern agitierte direkt gegen den Einfluss der britischen Krone, und unterstützte diverse Rebellionen und Staatsstreiche, erst recht nachdem sich England vom katholischen Glauben losgesagt hatte. Der Ruf Corks als "Rebel County" geht auf diese turbulente Zeit zurück, auch wenn diese Rebellionen alle mehr oder weniger (meistens mehr) blutig niedergeschlagen wurden. 
Das Thema dieses Artikels wurde als direkte Konsequenz der letzten dieser Rebellionen errichtet. Die Niederlage eines kombinierten Spanisch-Irischen Heers in der Schlacht von Kinsale 1601 besiegelte das Ende des neunjährigen Krieges gegen die Streitkräfte der britischen Krone, und läutete ein Zeitalter britischer Dominanz in Irland ein, das bis 1921 andauern würde. 
Wovon zum Geier ich rede? - Vom Elizabeth Fort, einer Festungsanlage am südlichen Ende der Innenstadt von Cork. Warum ich darüber schreibe? Lest einfach weiter, dann werdet ihr es schon herausfinden.
Das Elizabeth Fort wurde im Jahr 1601, direkt im Anschluss an die Belagerung von Kinsale von George Carew, dem Statthalter des britischen Königshauses in der irischen Provinz Munster in Auftrag gegeben, um die rebellische Bevölkerung Corks unter Kontrolle zu halten. Die Anlage, die sich damals deutlich außerhalb der Grenzen der mittelalterlichen Stadt befand, war ursprünglich ein einfach gebautes Fort aus Erde mit Holzpalisaden, und scheint wenig Eindruck auf die alteingesessene Bevölkerung gemacht zu haben. 1603, nur zwei Jahre nach dem Bau, zerstörten die Bürger von Cork, unter Führung des Bürgermeisters, die Anlage. 
Das Fort wurde, auf Kosten eben jener Bürger von Cork, wieder aufgebaut. Von dieser ursprünglichen Anlage ist heute nichts mehr erhalten. Das Sternfort, das man heute sieht, wurde 1624 erbaut, aus dem gleichen Kalkstein, aus dem auch der Felsvorsprung besteht, auf dem die Festung steht, und 1649 durch Oliver Cromwell verstärkt. 
1689 wurde auch Irland vom Konflikt zwischen den katholischen Jakobiten und den Streitkräften der Britischen Krone erfasst. Seinem Ruf als Rebel County gerecht werdend, schlug sich Cork auf die Seite der Jakobiten, und das Elizabeth Fort wurde zu einem wichtigen Glied in der Kette von Verteidigungsanlagen um Cork. Trotzdem konnte die Anlage den kombinierten Land-, und Seestreitkräften unter dem 1. Earl von Marlborough, John Churchill (Yep, ein direkter Vorfahre von Sir Winston) nicht standhalten. Die Jakobitische Garnison Corks kapitulierte, und das Elizabeth Fort wurde als Festung nicht mehr benötigt.
Es blieb jedoch eine militärische Einrichtung, und wurde 1719 zur Kaserne ausgebaut. 1806, nach der Fertigstellung einer Kaserne, die später zu den Collins Barracks werden würde, und heute das Hauptquartier der 1. Brigade der Irish Defence Forces beherbergt, wurde die Festung erneut umfunktioniert, diesmal in ein Deportationslager für Straftäter, die in Strafkolonien im heutigen Australien verbannt worden waren. Erst am Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Elizabeth Fort wieder eine Militärische Einrichtung, als hier eine Artillerieeinheit stationiert wurde. 
Während des Irischen Unabhängigkeitskrieges war im Elizabeth Fort eine Einheit der berüchtigten Black & Tans stationiert, einer pro-britischen Miliz, die sich oftmals durch ein besonders brutales Vorgehen gegenüber ihren Gegnern und der Zivilbevölkerung auszeichnete. Nachdem der Unabhängigkeitskrieg de facto nahtlos in den irischen Bürgerkrieg übergegangen war, wurde die Festung von republikanischen Kräften besetzt. Diese brannten die Anlage nieder, um sicherzustellen, das sie für die Streitkräfte des Irischen Freistaats und der Regierung nicht nutzbar war. Der heutige "kahle" Look der Anlage ist auf dieses Feuer zurückzuführen. 
In den Jahren danach wurde die Garda Síochana, die irische Polizei im Fort untergebracht, in einem L-förmigen Gebäudekomplex, der auch heute noch zu sehen ist. Die Wache wurde 2013 geschlossen, ihre Funktion vom Garda-Divisonshauptquartier in der Anglesea Street übernommen. Die Anlage ging daraufhin in die Obhut des Office of Public Works über, einer Regierungsbehörde, die sich um die Verwaltung staatlicher Liegenschaften in Irland kümmert. 2014 wurde die mittlerweile restaurierte Anlage an die Stadt Cork übergeben, und mittlerweile ist das Elizabeth Fort regelmäßig für Besucher geöffnet. Die Gelegenheit habe ich mir natürlich nicht nehmen lassen.
Wenn man sich der Festung von der Innenstadt aus nähert, über Sullivan's Quay und French's Quay, dann sieht man die Bastionen der Festung recht bedrohlich über die Häuser am Ufer des Lee aufragen. Es ist aber auch klar, wie sehr die Stadt mittlerweile gewachsen ist, das Elizabeth Fort steht mitten drin.
Bastion und Redan des Elizabeth Fort überragen selbst die 200 Jahre später gebauten Häuser noch deutlich. Viel Deutlicher kann man den Sinn des Bauwerkes nicht darstellen.
Ich bin von der Coke-Zero-Bikes-Station am St. Finbarr's Place (hat irgendwer ernsthaft geglaubt, das ich da rüber laufe?) die Treppe zur Fort Street hochgegangen, und habe mich quasi von hinten dem Fort genähert. Die ganze Anlage wirkt wenig einladend, was bei ihrem militärischen Ursprung eigentlich auch kein Wunder ist.
Selbst heute wirken die Mauern des Forts noch imposant. Wie muss das erst auf Angreifer im 17. Jahrhundert gewirkt haben?
Der Eingang zum Fort ist ziemlich versteckt. Das macht ja irgendwie auch Sinn.
Der Eingang der Anlage befindet sich an der Barrack Street, nach der übrigens auch die Garda-Station benannt war. Die Gegend um die Barrack Street wurde in den letzten Jahren grundlegend saniert, und hat das Potential, sich zu einem absoluten Kleinod in der Stadt zu entwickeln, mit dem Elizabeth Fort als Herzstück. Momentan steht diese Entwicklung jedoch noch ziemlich am Anfang, was man an den leer stehenden Ladengeschäften in der Barrack Street, und an der provisorischen Betriebsart des Fort an sich sofort merkt. An diesem doch eher ungemütlichen Samstag stand eine einzige, etwas verloren wirkende Mitarbeiterin der Stadt Cork im Eingangsbereich, und hat Besucher in Empfang genommen. Informationsflyer waren schwarz-weiß, und offenbar in aller Eile auf einem Bürodrucker ausgedruckt worden. 
Die Festung an sich hat diesen improvisierten Eindruck aber schnell weg gewischt, denn die Sanierung durch das Office of Public Works war mehr als gründlich. Ich lasse daher auch erst einmal die Bilder sprechen.
Vorhof im Elizabeth Fort, direkt neben dem Haupttor gelegen. Die Treppe im Hintergrund führt auf die Nordost-Bastion.

Blick über die Nordost-Bastion des Elizabeth Fort. Gemäß den ungeschriebenen Gesetzen über die Bauausführung in Irland haben keine zwei Bastionen des Forts die selbe Größe. 
Blick auf die Ehemalige Wache der Garda Síochana im Elizabeth Fort. Der linke Flügel des Gebäudes ist nach wie vor bewohnt.
Das Fort verfügt über vier Bastionen, jeweils eine an der nordöstlichen, nordwestlichen, südwestlichen, und südöstlichen Ecke der Anlage. Die nördliche Mauer wird außerdem durch eine als Redan bezeichnete Geschützplattform unterbrochen, von der heute nur noch die Außenmauern erhalten sind. Mit dieser sollte die Anzahl der Geschütze, die auf das "rebellische" Cork gerichtet werden konnten, erhöht werden. Drei der vier Bastionen sind für die Öffentlichkeit zugänglich, nur die am südöstlichen Ende der Festung ist noch nicht erschlossen worden.
Panorama auf der Nordmauer des Forts, links im Bild das bereits angesprochene Redan.
Ob diese Flugratten früher mal auf der Speisekarte der Garnison standen, konnte ich leider nicht in Erfahrung bringen. 
Blick entlang der Westseite des Redan auf die "Altstadt" von Cork, und den alten mittelalterlichen Stadtkern.
Momentan gibt es nur einmal in der Woche geführte Touren, nämlich am Samstag um 13 Uhr. Das Office of Public Works hat daher an wichtigen Stellen der Festung Informationstafeln angebracht, die einem die Struktur und die Entstehungsgeschichte des Forts erklären. Repliken von Geschützen, sowie Statuen, die das Leben (und den Tod) in der Festung darstellen, finden sich ebenfalls über die Anlage verteilt. Die Perspektiven, die sich von den Bastionen aus ergeben, finde ich persönlich aber nach wie vor am faszinierendsten. 

Diese Kanone auf der Nordwest-Bastion des Forts mag zwar klein aussehen,  die Durchschlagskraft würde ich aber nur ungern selbst in Erfahrung bringen.
Der Frühling zeigt schon seine ersten Vorboten - Zeit wird's, verdammt noch mal!
Der Geschwungene Lauf des Südarms des River Lee war über Jahrhunderte hinweg auch die Südgrenze der Stadt Cork.
Kontraste im Tal des Lee.
Panorama von der Nordwest-Bastion des Forts.
Der Standort des Elizabeth Fort wurde ja gewählt, um die mittelalterliche Stadt Cork überwachen zu können. Wie der Zufall es will steht die Festung aber auch genau zwischen der modernen Stadt, die auf einen Handelsposten der Wikinger zurückzuführen ist, und dem  Standort von St. Finbarr gegründeten Klosters, von dem Cork seinen Namen bezieht. In Anbetracht der ursprünglichen Funktion des Forts entbehrt dies nicht einer gewissen Ironie.
Tja, überall gibt es Alltag, auch in einer Festung...
Das kommt davon, wenn man immer gleich so kopflos reagiert...

Wieso diese Straße wohl den Namen Fort Street erhalten hat????
Die Südwest-Bastion des Forts ist flächenmäßig gefühlt die größte der zugänglichen Bastionen.
Dort sind sogar noch alte Schießscharten erhalten.
Ob ein Mitglied der ursprünglichen Garnison sein Fort wohl heute wieder erkennen würde?
Noch einmal ein genauerer Blick auf das Redan, nur noch eine leere Huelle.
Auch wenn der Lee hier eher ruhig wirkt, ist er immer noch ein Gezeitengewässer. Selbst hier wirken noch Ebbe & Flut.
Alles in allem sollte ein Besuch des Elizabeth Fort auf jeden Fall dazugehören, wenn man Cork besucht. Es ist eine der wenigen noch erhaltenen Festungen aus dem 17. Jahrhundert, und die einzige noch erhaltene Befestigungsanlage in Cork überhaupt. Die beiden anderen, das Queen's Old Castle und Shandon, leben nur noch im Namen weiter, der Name des Stadtteils Shandon leitet sich ja vom irischen An Seandún ab, was übersetzt "Alte Festung" bedeutet. In Anbetracht der Tatsache, dass das Elizabeth Fort erst seit kurzem regelmäßig geöffnet ist, wurde hier schon einiges erreicht. Gerade im Bezug auf den Innenhof und das ehemalige Gebäude der Garda-Station ist jedoch noch einiges zu tun, das Fort wirkt nämlich momentan noch ziemlich tot, was touristische Infrastruktur angeht.

So leer wie hier war der Innenhof des Fort vermutlich nur selten.
Das gleiche gilt für das Redan
Ich habe das dumpfe Gefühl, das die metallenen Halbkreise im Boden ursprünglich dafür gedacht waren, Geschütze genau auszurichten...
Blick vom inneren des Forts nach außen... oder doch umgekehrt?
Das Elizabeth Fort hat momentan noch keine Website, daher erlaube ich mir hier, ein paar Informationen zusammenzustellen, die es potentiellen Besuchern einfacher machen sollten, die Anlage zu finden. Alle Angaben sind vollständig ohne Gewähr, und basieren allein auf den Informationen, die ich bei meinem Besuch vor Ort, und auf der Twitter-Seite des Forts sammeln konnte.
  • Der Eintritt ist frei
  • Öffnungszeiten:
    • Montag - Geschlossen
    • Dienstag - 10:00 - 17:00
    • Mittwoch - 10:00 - 17:00
    • Donnerstag - 10:00 - 17:00
    • Freitag - 10:00 - 17:00
    • Samstag - 10:00 - 17:00
      • Kostenlose Führung jeweils Samstag um 13:00
    • Sonntag - 12:00 - 17:00
  • Die Anlage ist nur eingeschränkt behindertengerecht, die Aufgänge zu den Mauern und Bastionen sind Treppen, die teilweise noch aus der Gründungszeit des Forts stammen

Wie man auf diesen beiden Bildern sehen kann, ist die Parksituation noch schlimmer als der Zustand der Griechischen Staatsfinanzen. Eine Anreise zu Fuß, per Bus, oder Fahrrad ist also dringend empfohlen.
Das Fort liegt mitten in der Innenstadt, von einer Anreise mit dem Auto rate ich ab, da die Parkplatzsituation in der Umgebung des Fort gelinde gesagt katastrophal ist. Ich persönlich empfehle, von der Grand Parade aus zu Fuß zu gehen. Von der Grand Parade aus geht man einfach über die Fußgängerbrücke über den River Lee zum Sullivan's Quay. Diesem folgt man dann ganz einfach bis zur Kreuzung mit der Barrack Street und der South Main Street. 
Dort folgt man dann der Barrack Street für knapp 200 Meter, dann sollte der Eingang des Forts schon auf der rechten Straßenseite zu sehen sein. St. Finn Barre's Cathedral ist quasi direkt nebenan, von dort aus folgt man einfach meinem Weg vom Finn Barr's Place die Treppe hoch, und dann der Fort Street folgen.
Die Coke-Zero-Bikes-Station Bishop Street ist ein guter Ausgangspunkt, um das Fort zu erkunden.
Zwei Stationen des Fahrradmietsystems Coca Cola Zero Bikes befinden sich in der Nähe. Das wäre einerseits die Station Bishop Street, die ich auch benutzt habe, und andererseits die Station South Gate Bridge.
Wie viele Schätze in Cork kann man auch das Elizabeth Fort leicht übersehen, was in diesem Fall schade ist, da man nicht zuletzt auch einen Überblick über Cork bekommt, der sonst nur schwer zu finden ist. Ich kann nur hoffen, das die Pläne der Stadt Cork für die Festung möglichst schnell und gut umgesetzt werden. Die Südseite Corks findet meiner Meinung nach nämlich eindeutig zu wenig Beachtung.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

CUII Bono?

Vom Tod einer Stadt - die vergessene Katastrophe von Longarone

Einmal Oslo und zurück - Kurzurlaub mit Color Line