Blockupy - Was soll der Scheiß????

Die Frankfurter Innenstadt wird gerade mal wieder zerlegt. "Na und?" würden einige gemeine Zeitgenossen jetzt schreiben, "den Unterschied merkt doch eh keiner". Aber ernsthaft, was heute in Frankfurt abging, und offenbar immer noch abgeht, ist einfach nur noch ekelerregend! Egal, wie berechtigt ein Anliegen auch sein mag, es rechtfertigt niemals derartige Gewaltexzesse.
Ich bin weiß Gott niemand, der politisch mittig, oder gar rechts steht. Ich komme aus einer traditionell sozialdemokratischen Familie, und die einzige Partei, für die ich mich je engagiert habe, wenn auch nur kurz, waren die Piraten. Das mit der Politik in Europa jedoch einiges nicht stimmt, das sollte mittlerweile jedem klar sein, der politisch gesehen links von Attila dem Hunnen steht. Versteht mich nicht falsch, ich stehe voll und ganz hinter der EU und dem Euro, jedoch gibt es genug Kritikpunkte, von der immer stärker werdenden Vermengung von Wirtschaft und Politik, über die immer stärker werdende Spaltung der Bevölkerung in arm und reich, oder die Fixierung der Rettungspakete auf die Schonung von Banken und Anlegern, ohne Rücksicht auf die lokale Wirtschaft, Infrastruktur oder Bevölkerung. Was für Auswirkungen das haben kann, sieht man hier in Irland noch überall, selbst in Wirtschaftlich gut dastehenden Städten wie Cork oder Dublin. 
Und ja, es ist mehr als legitim, gegen diese Missstände zu demonstrieren. Und das die Eröffnung der neuen EZB-Zentrale im Frankfurter Ostend da ein gerne genommener Anlass ist, sollte eigentlich jedem klar sein. Insofern ist es absolut nicht verwunderlich, das es heute zu Demonstrationen in Frankfurt gekommen ist. Das hierbei auch Demonstranten vom äußeren Ende des linken Spektrums teilnehmen, ist da nur konsequent, unvermeidlich, und, sofern gewaltfrei, auch durch das Grundgesetz gedeckt.
Was keinesfalls in Ordnung ist, das sind die Gewaltexzesse, die es bereits um 6 Uhr Ortszeit in Frankfurt gab. Egal, wie stark man sich für ein Ziel einsetzt, es rechtfertigt niemals Brandstiftung, Körperverletzung, oder Sachbeschädigung. Das Ausmaß, die Aggression, und auch der Organisationsgrad, der offenbar im gewaltbereiten, oder sollte man eher sagen, Gewalt suchenden Teil der Demonstrationsteilnehmer vorhanden ist, mach selbst mir beträchtliche Sorgen, um nicht noch erheblich stärkere Worte zu verwenden.
Man muss aber auch zugeben, das die Polizei hier dem gewalttätigen Mob eine ideale Projektionsfläche geboten hat. Wie bereits bei den ersten Blockupy-Protesten entschied man sich auch im Vorfeld der EZB-Kundgebung für ein Vorgehen mit harter Hand. Und wie damals waren auch diesmal Bereitschaftspolizei-Einheiten auch aus Bayern und Baden-Württemberg dabei, die ja nicht erst seit den Einsätzen im Rahmen von Stuttgart 21 für ihr brutales Vorgehen berüchtigt sind. Und auch der Einsatz von Provokateuren ist seit dem G8-Gipfel in Heiligendamm ja bekannterweise kein Geheimnis mehr, so kann man natürlich ohne Schwierigkeiten eine Eskalation bekommen, wenn man mal hart dazwischen hauen will. Fairerweise muss man jedoch sagen, das der Gewaltausbruch heute allein mit derartigen Provokateuren in feinster Weise erklären kann.
Genau so wenig kann man aber erklären, warum so viele offenkundig gewalttätige Gestalten ohne Schwierigkeiten nach Frankfurt anreisen konnten, teilweise mit extra gecharterten Sonderzügen. Die Deutschen Ermittlungsbehörden sind, entgegen der weit verbreiteten Meinung, eigentlich nicht auf den Kopf gefallen, und ein derartiger Gewaltsturm wie heute in Frankfurt lässt sich nicht von heute auf morgen organisieren. Selbst wir notorisch effizienten Deutschen brauchen dafür Vorbereitungszeit, und der linke Rand des politischen Spektrums hat sich nach meiner Erfahrung noch nie durch Effizienz ausgezeichnet. Es bleibt hier also die Frage, wie einem gut geschulten Ermittlungsapparat eine derartige Vorbereitung entgehen konnte, und warum nicht früher gehandelt wurde. Die sogenannte "Gefährderansprache", die ja bei Großereignissen normalerweise sehr gerne angewendet wird, scheint hier komplett gefehlt zu haben. Hier haben die Justizbehörden eine ganze Reihe von Fragen zu beantworten, und nein, Vorratsdatenspeicherung ist nicht die Antwort.
Letztlich bleibt hier nur die Frage, was vom heutigen Tag, abgesehen von massiven Sachschäden und ausgebrannten Autowracks übrig bleiben wird. Dies wird vor allem eine weitere Spaltung der Gesellschaft sein. Schon jetzt zeichnet sich ab, das der friedliche Demonstrationszug, der sich am Nachmittag durch die Frankfurter Innenstadt gezogen hat, von den Medien praktisch geschlossen ignoriert wird. Mit einer Selbstsicherheit, wie sie eigentlich nur Bild-Lesern und RTL-Zuschauern vorbehalten ist, echauffiert sich der Deutsche Möchtegern-Bildungsbürger über den "linken Abschaum", und wird dabei von geistigen Brandstiftern wie Oliver Malchow, dem Vorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei, oder CDU-Generalsekretär Peter Tauber noch schön angefeuert. Die durchaus berechtigten Kritikpunkte der eigentlichen Demonstranten sind genau so in Rauch aufgegangen, wie die Einsatzfahrzeuge der Polizei. 
Gewonnen haben hier letztlich nur die Kräfte, die von einer weiteren Spaltung der Gesellschaft profitieren, während sich Demonstranten und Sicherheitskräfte gegenseitig verheizen. Die Ausschreitungen am Rande der Blockupy-Kundgebungen werden einen beträchtlichen Verlust an Rückhalt für Linke Parteien und Gruppierungen zur Folge haben, und immer mehr Leute in die Arme derjenigen treiben, die Sicherheit und "Recht & Ordnung" versprechen. Mit Angriffen auf Rettungskräfte, Straßenbahnen, oder Privateigentum wird man niemals die Bevölkerung auf seine Seite bringen.
Auf der anderen Seite werden sich auch die "Eliten" Europas immer mehr von der Bevölkerung des Kontinents abschotten. Gerade Gebäude wie das der EZB, das an sich als  Begegnungsstätte idea geeignet wäre, um den Bürgern die Möglichkeit zu geben, sich mehr mit der EU zu beschäftigen, werden so immer mehr zu Festungen, und das Unverständnis zwischen der Bevölkerung und der Politik wird weiter wachsen.
Und alles nur weil ein Haufen intellektuell minderbemittelter Schleimpilze der Meinung war, einer Stadt mit Molotowcocktails und Pflastersteinen ihren Stempel aufdrücken zu müssen, weil man nicht in der Lage war, wie der Rest der Demonstranten mit Argumenten für seine Sache einzutreten.

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