Es kommt zusammen, was zusammen gehört... Hoffentlich - Referendum zur vollständigen Gleichstellung Homosexueller Partnerschaften in Irland angekündigt.

Politik-Alarm! Diesmal geht es um ein echt heikles Politisches Thema. Die Rechtliche Gleichstellung Homosexueller Paare in einer modernen Gesellschaft. Seit Jahrzehnten ist dies ein Thema, das Befürworter und Gegner gleichermaßen in Fahrt bringt. Auch wenn Gleichgeschlechtliche Partnerschaften in vielen Ländern mittlerweile legal sind, so ist die Anzahl der Nationen, die den letzten Schritt gewagt haben, und die rechtliche Institution der Ehe auch für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet haben, nach wie vor überschaubar. Norwegen gehört dazu, der europäische Teil Dänemarks, Kanada, aber überraschenderweise auch eher konservative Länder wie Argentinien oder Spanien. Deutschland und Österreich gehören leider, aber für mich nicht überraschend, nicht dazu. Wieso zum Teufel komm ich auf einmal mit diesem Thema daher? Was geht mich das an? Nun, beide Fragen sind berechtigt. Eigentlich betrifft es mich in der Tat nicht. Ich bin selbst nicht homosexuell. Trotzdem betrifft es auch mich. Es betrifft mich, weil Menschen durch diese Einschränkung in ihren Rechten beschnitten werden. Es betrifft mich, weil ich nicht einfach daneben stehen kann, wenn so etwas passiert ist. Es betrifft mich nicht zuletzt auch, weil mit dieser Einschränkung ein Präzedenzfall geschaffen wird, um auch andere Menschen in ihren Freiheitsrechten zu beschneiden. Und aus diesen Gründen betrifft es nicht nur mich, sondern auch jeden anderen Menschen, der in einer freien und offenen Gesellschaft leben will.
Warum ich damit ankomme? Nun, Anfang letzter Woche hat die Irische Regierung beschlossen, einem Vorschlag der Constitutional Convention, einer Versammlung irischer Bürger, die der Regierung in Fragen der Modernisierung der Verfassung zur Seite steht, zu folgen, und ein Referendum für über eine Verfassungsänderung in Irland anzustreben, um Homosexuellen Paaren die Ehe zu ermöglichen. Als ob dies noch nicht weit genug gehen würde, so hat Regierungschef Enda Kenny sich persönlich hinter die Legalisierung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare gestellt. Ein Mutiger Schritt in einem Land, das bis vor wenigen Jahrzehnten noch quasi unter kirchlicher Kontrolle stand, so viel Macht hatte die Römisch Katholische Kirche hier in Irland. Nach seiner Entschuldigung gegenüber den Opfern des sadistischen Systems der Magdalenenheime, und seiner klaren Linie in der Abtreibungsdebatte hat Enda Kenny damit klar gemacht, das er zwar katholisch ist, sich der Kirche gegenüber allerdings in kleinster Weise zu Gehorsam verpflichtet fühlt.
Ich selbst komme nicht umhin, Mr. Kenny gegenüber Respekt für diese klare Aussage zu dem Thema zu zollen. In der Tat ist ist diese Position nur folgerichtig, wenn man für ein freies Gesellschaftsbild stehen möchte. Es ist in meinen Augen signifikant, das dieses Referendum ausgerechnet jetzt angekündigt wurde, im Jahr 2013, dem Beginn der "Decade of Commemorations," Eines Gedenkjahrzehnts zum hundertjährigen Jubiläum der Ereignisse von 1913 bis 1923, dem Jahr, als Irland seine Unabhängigkeit erlangte. Die nun von der Regierung Kenny vorgebrachte Verfassungsänderung steht dabei ganz klar in der Tradition der Oster-Proklamation und des "Easter Rising" von 1916, deren Anführer wie James Connolly, Padraig Pearse, oder Michael Collins für ein Irland eintraten, das "... für religiöse und bürgerliche Freiheit, gleiche Rechte und Möglichkeiten für alle seine Bürger..." eintritt, in der Tradition eines freien, liberalen Irlands, das im Zuge von Eamon de Valera's Streben nach einem katholischen Utopia leider unter die Räder kam, und erst im Rahmen der zunehmenden Säkularisierung Irlands ab den 1990er Jahren wieder an die Oberfläche drang. 
Die Reaktionen auf diesen Vorstoß waren in vielen Bereichen vorhersehbar. Während ein Großteil der Bevölkerung laut aktuellen Meinungsumfragen für eine derartige Änderung der Verfassung ist, unter anderem auch überraschend viele Unterstützer von Sinn Fein, gibt es aus Richtung der Konservativen Kräfte einiges an Gegenwind. So sprechen sich nur knapp ein Drittel der Unterstützer der konservativen Oppositionspartei Fianna Fail, und überraschenderweise auch nur ein Drittel der Anhänger von Enda Kenny's Fine Gael für eine derartige Änderung aus, einer eigentlich liberalen Partei. Regelrecht unter Beschuss genommen wird dieser Vorschlag allerdings, wie erwartet, aus dem Lager der Römisch-Katholischen Kirche in Irland. Denis Nulty, Bischof von Kildare & Leighlin, ebenso wie der konservativ katholische Think Tank Iona Institute bezeichnen den Vorstoß als Angriff auf die Institution der Ehe an sich. Bischof Nulty kündigte an, das die Kirche sich aktiv in den demokratischen Diskurs einbringen werde, um ihren Standpunkt zu verteidigen.
Ich komme nicht umhin, mich zu fragen, ob man hierbei zu den gleichen Mitteln greifen wird, wie während der Abtreibungsdebatte nach dem Tod von Savita Halapanavar in Galway. Werden wieder Parlamentsabegordnete bedroht werden, und in Blut geschriebene Briefe erhalten? Wird man wieder kaum durch die Innenstadt von Cork gehen können, ohne es mit Vertretern der "konservativen" Jugendorganisation Youth Defence zu tun zu bekommen, die einem Gewalt androhen, sobald man nicht ihrer Meinung ist? Ich hoffe ganz offen, das dies nicht der Fall sein wird, in Anbetracht des Bedeutungsverlustes der Katholischen Kirche gerade in urbanen Gegenden halte ich jedoch nicht vor Spannung meine Luft an.
Nicht zuletzt, da die Argumente gegen eine vollwertige Gleichstellung allesamt nicht sehr überzeugend sind. Wenn man einen Angriff auf die Institution Ehe verhindern will, wäre es in meinen Augen erst einmal sinnvoll, gegen die Trivialisierung der Ehe vorzugehen, vor allem im Bereich der Musik-, und Filmwelt. Wenn man bedenkt, wie schnell gerade hier Hochzeiten und Scheidungen aufeinander folgen, dann ist es nicht weiter verwunderlich, wenn dies auch auf die Bevölkerung abfärbt, und man anfängt, zu glauben, man könne den Ehepartner genau so oft wechseln, wie den Handyvertrag. Hier sehe ich die wahre Gefahr für die Institution Ehe. 
Eine schädliche Wirkung auf Kinder ist in meinen Augen ebenfalls nicht ersichtlich, oder erkennbar. Ein warmes, liebevolles Zuhause, und Eltern, die sich für ihre Kinder interessieren, und sich Zeit für sie nehmen, sind hier ausschlaggebend. Die Geschlechter der beiden Eltern sind dabei zweitrangig, wenn überhaupt.
Mehr als diese beiden anderen Punkte wiegt für mich jedoch der Punkt der Gleichberechtigung. Artikel 40, Absatz 1 der Irischen Verfassung legt ganz klar fest, das Alle Bürger und Einwohner Irlands gleich vor dem Gesetz geben. Insofern ist eine Änderung der Definition der Ehe nicht nur ein Moralisch richtiger Schritt, sondern gar Verfassungsrechtlich zwingend erforderlich. Schließlich ist durch eine derartige Ungleichbehandlung auch ein Präzedenzfall vorhanden, um andere Bevölkerungsgruppen in ihren Rechten zu beschneiden, ein gefährlicher Zustand, der gerade Lesern im Deutschen Sprachraum schmerzlich bekannt sein sollte.
Schließlich gibt es noch einen weiteren, gewichtigen Grund, um diesen Anachronismus endlich aus der Welt zu schaffen, und für eine vollständige Gleichberechtigung Homosexueller Paare einzutreten. Dieser Grund ergibt sich aus einer meiner tiefsten Politischen und Moralischen Überzeugungen, nämlich der, das in einer Freiheitlichen Gesellschaft schlicht und einfach niemand das Recht hat, andere daran zu hindern, ihr Leben nach eigenem Ermessen zu gestalten, sofern dies nicht die eigene Möglichkeit, so zu leben einschränkt. Diese Philosophie, ursprünglich und sehr eloquent von Immanuel Kant formuliert, ist nicht nur ein Stück Wohlfühlrethorik, sondern, gerade auf einem Kontinent, der eine Traurige Tradition in der Unterdrückung und Eliminierung Andersdenkender aufweist, ein wichtiges Mittel, um nicht in diese Blutige Tradition zu verfallen. "Das Recht auf Leben und Freiheit, sowie das Streben nach Glück", um hier einmal die Präambel der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten zu zitieren, ist schließlich nach wie vor, unabdingbar.
Für mich ist es also nicht einfach nur Zeitgeist, cool, oder politisch opportun, die vollständige Gleichstellung Homosexueller Menschen und Partnerschaften zu unterstützen. Nein, es ist eine Grundüberzeugung, erwachsen aus den Prinzipien der Freiheit, wie sie von Menschen wie Immanuel Kant, oder Thomas Jefferson formuliert wurden. Und gerade in Zeiten wie diesen, in denen Europa erneut in die Dunkelheit vergangener Jahrzehnte abzurutschen droht, ist es wichtig, diese Flamme der Aufklärung weiterzutragen. Ich bekenne mich dazu. Ich unterstütze die vollständige Emanzipation Homosexueller Menschen, und ich unterstütze die vollständige Legalisierung der Eheschliessung zwischen Homosexuellen.

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