New York, New York...

Es gibt Städte in denen man meint, die ganze Energie diese Planeten pulsiere in ihren Straßen. London ist so eine Stadt, Hongkong, Tokio, und Hamburg auch; Frankfurt am Main... eher weniger. Das Paradebeispiel für eine derartige "geladene" Stadt ist eindeutig New York City. Nachdem der lange herbeigesehnte Trip nach Ungarn mit eher negativen Gefühlen zu Ende gegangen war stellte sich mir die Frage was für einen Urlaub ich mir dieses Jahr genehmigen sollte. 
Beim durchspielen der verschiedenen Varianten kamen mir beinahe graue Haare. Sollte es wieder nach London gehen, in eine Stadt die ich schon zwei mal genossen hatte? Die Kosten sprachen dagegen. Die klassischen Urlaubsdestinationen am Mittelmeer waren schon im Vorfeld aussortiert worden, da ich dem "Teutonengrill" nicht wirklich etwas abgewinnen kann. Auch ein verlängerter Aufenthalt in Oslo war ziemlich schnell abgehakt, da die Color-Line-Überfahrt zwar günstig war, das Hotel in Oslo selbst aber umso teurer. Dies stellte sich in Anbetracht der schrecklichen Ereignisse jedoch als weise Entscheidung heraus. Auch die anderen Destinationen im Ostseeraum waren schnell abgehakt. In Göteborg gabs zu wenig fürs Geld, Stockholm war unbezahlbar, ebenso Helsinki.
Dann bin ich bei einem nicht näher zu nennenden Online-Reisebüro über einen interessanten Link gestolper. 3 Tage New York mit Flug und Hotel ab 631€. Naja dachte ich, schauen kann man ja mal. Siehe da, das konnte man sich tatsächlich leisten. Mehrere Interessante Hotels waren zu einem akzeptablen Preis zu haben. Erstmal ESTA-Abfrage durchführen hab ich mir gesagt, die Einreiseprozeduren bei den Amis sind ja manchmal etwas fragwürdig. Keine Zehn Minuten später war die Abfrage erfolgreich durchgeführt und meine Kreditkarte um 14$ ärmer, knapp 10€. Damit kann ich leben, ich hab schon mehr Geld für sinnlosere Sachen ausgegeben.

Nun ging es daran die Details auszuarbeiten. Hierbei stand die Reise kurz vor dem Scheitern. Ich war kurz davor zu buchen als ich stutzig wurde. Nur zwei Übernachtungen? 16 Stunden Flug?? Was war da los?. Des Rätsels Lösung war schnell gefunden: Aus irgendwelchen Gründen hatte mir das System einen Flug von Frankfurt über London-Heathrow (soweit klar) und Boston (?) nach New York LaGuardia rausgesucht, mit 8 Stunden Umsteigezeit in Boston!!!! Und nach einer Nacht am Bostoner Flughafen dann mit so einem Schrumpfjet von Embraer weiter nach New York. Yeah right, dream on!
Einen Tag später hatte sich das System erholt und ich konnte dann meine entgültige Reise buchen:

Hinflug: Von Frankfurt nach London Heathrow mit British Airways, und dann weiter von London bis New York JFK Airport mit American Airlines.

Drei Nächte im Hotel Club Quarters World Trade Center.

Rückflug: Wie oben nur umgekehrt.

Jetzt musste ich nur noch den Abflug abwarten. Selten haben sich 5 Wochen so gezogen.

Start spreading the news, I'm leaving today...

Der lang ersehnte Tag war gekommen. Voller Vorfreude machte ich mich auf den Weg zum Frankfurter Flughafen. Auf unserer Bahnstrecke fanden Bauarbeiten statt, so dass ich auf die S-Bahn ab Bad Vilbel angewiesen war. Ich war heilfroh über den 1.-Klasse-Zuschlag den ich mir gezogen hatte. 




Am Flughafen angekommen gab es gleich erst mal die erste Überraschung. Mein ursprünglich ausgewählter Sitzplatz war nicht mehr verfügbar. Ich war angeblich auf einen Mittelplatz verfrachtet worden. Ein kurzer Blick auf den Sitzplan der Boeing 777-200 zeigte das es immerhin ein Platz am Notausgang war, womit die Beinfreiheit kein Problem war. Dafür hatte ich auf der Strecke nach London einen Fensterplatz bekommen. Man muss ja auch über die kleinen Dinge froh sein. Der Checkin verlief dann, abgesehen von der Sitzplatzaffäre, problemlos. Mit gemischten Gefühlen sah ich meinen Koffer in den Katakomben des Frankfurter Flughafens verschwinden. Ob ich ihn in New York wiedersehen würde?

Sie Sicherheitskontrolle war schnell und effizient, wie erwartet. Danach stand ich erstmal im Wald, oder besser gesagt im Duty Free Shop. Der komplette Luftseitige Bereich des Terminals 2 war umgebaut worden. Als Plus konnte man verbuchen das es jetzt endlich auch ein Starbucks im Terminal 2 gab, als Minus schlugen ganz klar die Netze zu Buche, die über dem kompletten Abflugbereich aufgespannt waren. Mir ist durchaus klar das es eine Trennung zwischen Landside und Airside geben muss, mir ist auch klar, aber da hätte es doch sicherlich eine attraktivere Lösung gegeben!

Nach einer langen Pause bei Starbucks ging es zum Gate D7, und es war ziemlich schnell klar, das wir von einer Vorfeldposition abfliegen würden. Ich genoss es allerdings erstmal, dem Gewusel auf dem Vorfeld zuzuschauen.




 
Stau im Gang des Flugzeugs, ich spür 'nen Regenschirm im Rücken...


Da meine Maschine auf einer Vorfeldposition stand ging es vom Gate aus erstmal in den Keller. Nach einer kleinen Vorfeldrundfahrt wurden wir direkt neben unserer Maschine, einer Airbus A319, ausgespuckt. Für die Statistiker, es ist mein 6. Flug mit einer A319, der dritte Flug mit British Airway, und der erste mit dieser Maschine. Der Flieger selbst, G-EUPG wurde 2000 ausgeliefert und fliegt seitdem bei British Airways.



Leider waren meine Erinnerungen an British Airways von meinem London-Flug 2006 korrekt. Der Sitzabstand war nach wie vor extrem gering, und die Kabine hatte definitiv auch schon bessere Zeiten gesehen. Sie war anscheinend seit der Auslieferung des Vogels nicht mehr grundlegend instandgesetzt worden. Naja, es war ja nur bis London.


Das Rollen zur Startposition entwickelte sich zu einer erneuten Flughafenrundfahrt, da wir von der Runway 18 (Startbahn West) starteten und somit erstmal zum anderen Ende des Flughafens mussten. Der Start war, wie für die Airbus A319 üblich, sehr "sportlich." Über Belgien, Vlissingen in den Niederlanden und Harwich ging es nach London. Die Verpflegung war spartanisch, ein Getränk und eine Packung Chips, aber wenigstens konnte nicht mal die britische Kochkunst so eine einfache Sache verhunzen!





Nach einer halbwegs holprigen Landung in London begann das große Abenteuer: Umsteigen in Heathrow! Im Terminal 5, wo mein Flug ankam, lief alles wie am Schnürchen. Die Wege zu den Transferbussen zum Terminal 3 waren sehr gut ausgeschildert und ein Bus stand auch schon bereit. Beim Busfahrer hatte ich allerdings so meine Zweifel. Ich beurteile Menschen normalerweise nicht nach dem Aussehen, aber dieser junge Mann sah aus wie aus einem Rekrutierungsposter von Al-Qaeda entsprungen, inklusive wallendem Schwarzen Bart bis fast zur Hüfte!
Kurz nachdem ich eingestiegen war setzte sich unser Mr. Rauschebart ans Steuer und begann den Bus über das Flughafengelände zu peitschen. Unter den Klängen Arabischer Musik ging es an den beiden Satelliten des T5 vorbei zum Zentralen Terminalbereich in LHR. Sicher am Terminal 3 angekommen wurde es dann interessant.
Die Sicherheitskontrolle war voll, lief aber effizient und professionell ab, so wie ich es auch erwarte. Das Problem begann einen Raum weiter hinten. Hier befanden sich die Umsteige-Schalter mehrerer großer Airlines, darunter auch der von American Airlines. Davor waren mehrere Kontrollpunkte aufgebaut, wo eine Art Vorkontrolle stattfand. Ich geriet an eine Jungen Mann, der offensichtlich noch nicht allzu erfahren war. Bei jedem zweiten Arbeitsschritt rief er seinen Vorgesetzten zu sich um sich abzusichern. Bei der Berfragung ergab sich zusätzlich das Problem das er nur mit sehr starkem Akzent Englisch sprach, dazu noch sehr leise, aber mit der Geschwindigkeit einer Gatling Gun! Mit dem Worten "Special Security Inspection" klebte er schließlich eine Markierung auf meinen Pass und schickte mich zum eigentlichen Schalter. Hier gab es dann nach einigem Hin und Her wegen meinem alten Pass (ohne Chip, allerdings gemäß US-Konsulat Frankfurt und Department of Homeland Security zulässig) den Boarding Pass für American Airlines Flug 107 nach New York John F Kennedy International. Nun trennten mich nur noch 8 Stunden Flug und die Einreisekontrolle in JFK davon, das einer meiner Träume war wurde... ach ja; und das Terminal 3 in Heathrow, das durchaus Ähnlichkeiten mit dem Labyrinth des Minotaurus hat. Aber nach 20 Minuten Orientierungslauf war ich schließlich am Gate. Mir steckte noch die Vorkontrolle in den Knochen, weshalb ich keine Fotos gemacht habe, aber als ich hinter der Glasfassade des Gates meine Maschine nach New York, eine Boeing 777-200ER im markanten Polierten Silber-Look von American Airlines sah wurde meine Stimmung besser.

Das Boarding ging schnell, gefolgt von einer Überraschung. Der Mittelplatz entpuppte sich als Fensterplatz ohne Fenster! Immerhin war direkt vor mir ein Notausgang, womit ich mehr als genug Beinfreiheit hatte, so um die zweieinhalb Meter! Außerdem hatte der Sitz, nicht zuletzt durch die ausklappbaren Bildschirme in den Armlehnen fast schon Business Class Feeling. Mein Sitznachbar entpuppte sich als sehr netter Amerikaner auf dem Rückweg von Kuwait. Der Arme Kerl musste noch die ganze Nacht am Flughafen New York verbringen um seinen Anschlussflug nach Miami zu bekommen.
Eines fiel mir gleich auf. Während man beim Airbus jeden Container gespürt hatte, der im Frachtraum gegen die anderen knallte und arretiert wurde nahm die Boeing all dies viel gelassener hin. Auch das Pushback und das Rollen auf dem Vorfeld war kaum zu spüren, und eins kann ich euch sagen: In Heathrow muss man lange rollen bis man an der Runway angekommen ist. 
Es waren gefühlte fünf Minuten bis das Boarding beendet war. Kurz darauf drang das markante Heulen der General Electric GE90-Triebwerke durch die Kabine. Der Start hätte sich kaum stärker von dem des kleinen Airbus unterscheiden können. Während die A319 in die Luft schoss wie von einem Katapult geschossen, hob American Airlines 107 ab wie ein vollgefressener Pelikan. Im Tiefflug ging es über Windsor hinweg. Bei Tante Lizzie dürften ganz schön die Fenster gewackelt haben.
Als wir eine Stunde später die irische Küste bei Limerick erreichten verstand ich erst was hier geschah. Ich war wirklich auf dem Weg nach Amerika. Es war irgendwie passend das wir den Atlantik in der Nähe des Flughafens Shannon erreichten, jenem legendären Tor zur Nordatlantikstrecke das in den 50ern und60ern von jeder großen Fluglinie angeflogen worden war.
Der Flug selbst war unspektakulär, insofern es unspektakulär sein kann in einer Aluminiumröhre mit 900 km/h durch die unterste Schicht der Stratosphäre zu jagen. Während draußen ein wunderbarer Nachmittag vorüber zog, genoß ich den Flug der, entgegen dem Ruf von American Airlines, richtig angenehm war. Nach sieben Stunden, zwei Mahlzeiten, und JJ Abrams Interpretation von Star Trek (Als Neustart der Serie sicher gut zu gebrauchen, aber für traditionelle Star-Trek-Fans gilt: It's dead, Jim!) erreichten wir in der Nähe von Neufundland den Nordamerikanischen Kontinent. Wir waren zufällig genau der Route zwischen Shannon und Gander gefolgt die schon in den 1950ern von den legendären Lockheed Super Constellations und DC-7 von Lufthansa und Pan Am benutzt worden war.
Entlang der Küste von Maine, und über Cape Cod hinweg ging es Richtung New York. Anflug war von Süden, so dass ich keinen Blick auf New York werfen konnte. Die Landung war sanft, das abbremsen umso härter. Während ich mich noch aus dem Schott vor mir raus schälte rollte die Maschine über den halben Flughafen zum Terminal 8, das allein American Airlines gehört. Mir persönlich war zu diesem Zeitpunkt wieder etwas unwohl, schließlich erinnerte ich mich noch an die wenigen verständlichen Worte eines gewissen Sicherheitsmitarbeiters in Heathrow ("Special Security Inspection..."). Was würde die Einreisekontrolle bringen?
Der Weg zu den Kontrollschaltern zog sich. Dort angekommen fiel ich erstmal aus allen Wolken. Der gesammelte Inhalt aus sechs Langstreckenmaschinen konzentrierte sich auf drei offene Kontrollstellen. Ich dachte mir das dies wohl der Grund war warum der komplette Boden mit Teppich ausgelegt war, so das man dort im Notfall hätte schlafen können.
Doch ich hatte die Rechnung ohne die US-Einwanderungsbehörde gemacht. Eine Beamtin, anscheinend die Schichtleiterin, begann ohne zu zögern damit, Einreisende an die Schalter für einreisende US-Staatsbürger zu leiten, die praktisch brachlagen. Aus einer erwarteten Wartezeit von zwei bis drei Stunden wurden so nur knappe 15 Minuten. Am Einwanderungsschalter selbst wartete dann die zweie Überraschung. Der Beamte begrüsste mich per Vornamen und auf Deutsch. Der Pass wurde gescannt, meine Zollerklärung abgestempelt und die üblichen Daten (Fingerabdruck, Foto) aufgenommen. Und dann war ich durch. Ein Vorteil hatte die Wartezeit gehabt, auf dem Gepäckkarussell kreiste bereits mein Koffer. Noch schnell durch die Zollkontrolle, beim entsprechenden Beamten das Zollformular abgeben, und ich war in den USA!

These vagabond shoes are longing to stray....

Mittlerweile war es dunkel geworden. Ich hatte mir bereits vor der Reise vorgenommen, den Transfer vom Flughafen zum Hotel mit dem Taxi zu machen. Die U-Bahn bzw Long Island Railroad erschienen mir einfach zu riskant nach so einem Flug. Am Taxistand wurde mir gleich das erste Fahrzeug in der Schlange zugewiesen, komischerweise ein SUV: Ich dachte immer, nur diese Ford-Limousinen (Crown Victoria) wären als Yellow Cabs zugelassen, aber whatever. Vom JFK-Airport ging es dann ab Richtung Manhattan. Anstatt mitten durch Queens entschied sich mein Fahrer für den schöneren Weg entlang der Jamaica Bay auf dem Belt Parkway. Die Kühle Meeresbrise die durch das offene Fenster nach innen drang war genau das richtige nach einem langen Transatlantikflug.
Nach einiger Zeit schälte sich eine riesige, beleuchtete Brücke aus der Dunkelheit; Die Verrazano-Narrows-Brücke, der Eingang zur New Yorker Bucht. Während wir an ihrem riesigen Ostpfeiler vorbeifuhren, dem Ort an dem Henry Hudson 1609 an Land ging nachdem er die Bucht entdeckt hatte, tauchten in der Entfernung zum ersten mal die Lichter Manhattans auf. Der Moment hatte etwas unwirkliches. Ich konnte es noch immer nicht glauben. Ich war in New York! Dort in der Ferne lag die Stadt, die die westliche Kultur in den letzten 60 Jahren vermutlich mehr geprägt hatte als jede andere, und nicht erst durch jenen schrecklichen 11. September 2001! Und ich saß in einem Taxi auf dem Weg mitten in das Herz dieser Stadt!
Durch den Brooklyn Battery Tunnel ging es unter der Bucht und dem East River durch auf die Insel Manhattan. Zwei mal Abbiegen und ich stand vor dem Hotel, mitten im Herzen von Lower Manhattan. Keine 15 Minuten später war ich im Zimmer im 4. Stock. Nun nur noch schnell zwei gewisse neugierige Menschen in Speyer per Email informiert, und dann fiel ich wie ein Stein ins Bett.


.....ZZZZZZZZZZ.....

Ich hatte eigentlich vor, den kompletten Reisebericht in einem Post unterzubringen, nachdem ich aber gesehen habe wie lange ich allein schon für den Hinflug gebraucht habe ist es wohl besser wenn ich den Aufenthalt und Rückflug in eigenen Kapiteln unterbringe.

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